Sonntag, 13. Dezember 2015

rien n'a va plus - oder doch

ti breizh - eine woche mit dem matratzenfassenden auto von mutter tigges in die bretagne. ende september. tolle sache.
wir starten bei leichtem sprühregen in trier, sind aber kaum über die französische grenze - selbstredend nachdem wir billig in wasserbillig getankt haben, diesel, kein wasser - da kommt die sonne durch.
erste station ist rouen. nur die aussprache von caen hat insgesamt auf der reise für mehr kieferschmerzen gesorgt. erstaunlich französische kirche und der besuch eines pestfriedhofs standen auf tigges' to-do-liste. kontrastreich wie immer, wenn man mim tigges verreist.
 

wacker geschlagen durch den stadtverkehr mit den obligatorischen, für uns völlig unverständlichen inoffiziellen abbiegegepflogenheiten der franzosen gehts dann weiter an die normannische küste mit erster übernachtungsstation fécamp.
da würde ich auch zum dauercamper
und dann gleich son dramatischer sonnenuntergang
erwartungsgemäß bringt der nächste tag wild maritime aussichten in etretat.


von da an geht es an der steilküste entlang. vorbei an satten grünen wiesen, mit satten weißen kühen drauf, und grauen asterix-und-obelix-backsteinhäusern.
normandie eben. auf dem weg zum längsten teppich der französischen geschichte schnell noch stippvisiten bei der calvados-fabrik schlechthin - père magloire - und DER käserei in der region - fromagerie graindorge - und gaumenfreuden einkaufen. dann soll eigentlich das nachtlager ein schloss sein, aber man kann ja nicht alles haben, können den zugehörigen campingplatz nicht finden, nur eine ignorierende hochzeitsgesellschaft. deshalb steuern wir den städtischen campingplatz in bayeux an und strollen abends noch ein bisschen durchs städtchen. am nächsten morgen, quasi auf nüchternen magen - nur weil das eine offene café so überfüllt ist, dass uns keine servicekraft bemerkt, und das von uns präferierte eben noch nicht geöffnet ist - die tapisserie besichtigen. für den tigges ist das im vorherein ein highlight der reise gewesen, 90 meter historische ereignisse von 1066 bei hastings auf einen teppich gestickt. ich bin also entsprechend gespannt..und muss im nachhinein gestehen, dass es schon eindrucksvoll ist.
und von da gehts weiter mit der schweren geschichtskost. wieder ran an die steilküste, nach arromanches, wo es galettes zum frühstück/mittag gibt, um dann uns erschütternde historie quasi hautnah zu verarbeiten.
im arromanches 360° gibts einen 20minütigen film zum d-day. unfassbar. ich würde am liebsten gehen. so ein bedrückendes stück geschichte in 20 minuten verwurstet, mit paukenschlägen und mega-streichermusik unterlegt, und mir schnürt sich die kehle zu, wenn ich daran denke, was die jungen männer gedacht haben mussten, als sie in den hunderten alliiertenkampfbooten an die küste der normandie geschifft wurden um dann wahrscheinlich direkt niedergeballert zu werden.

 ich weiß nicht, ob es nur uns so geht, nicht jeder lässt sich scheinbar so von geschichte verstimmen. auf dem weg runter ins städtchen kommt uns eine leider offensichtlich amerikanische familie entgegen und der bilderbuch-vaddi mit schnurbi ruft seinem völlig auf sein smartphone fixierten mittzwanziger-sohn begeistert zu: "hey jack (na klar), up there, this might be a german tank!" jack - den blick nicht vom display des telefons lösend - antwortet etwas zu sehr gelangweilt: "wow". joah, nicht jeder eben.
der "tank" steht am hügel, rechts neben dem türmchen-haus
für uns geht es weiter, an der küste lang. vorbei an den stränden, an denen die alliierten nach frankreich kamen: utah beach, juno beach und schließlich omaha beach, wo wir den amerikanischen soldatenfriedhof besichtigen. den kennt man ja aus filmen, beklemmend ist aber trotzdem das gefühl, vor den mehr als 9000 weißen kreuzen zu stehen. irgendwie kitschig, irgendwie unwirklich, und doch ermattend.
 
auf zu erfreulicheren ausblicken.
den knubbel will ich ja schon seit der neunten klasse mal bereisen. ein kapitel meines französisch-lehrbuchs befasste sich nämlich - neben würmern in äpfeln auf französischen vorstadtmärkten - mit dem mont-saint-michel. wir also auch. endlich. tatsächlich sieht man den lümmel schon aus weiter ferne und er scheint manchmal wie eine fata morgana am horizont. tim hat sich schon wieder vorab um einen spitzen campingplatz gekümmert, der, wie uns schlagartig klar wird, allerdings nicht per auto erreichbar ist. weil ca. 2 km vor dem örtchen, von wo aus der weg direkt durchs watt zum heiligen michel führt, die straße gesperrt ist und eine durchfahrt verbietet. etwas perplex steuern wir ein wenig durch die gegend, bevor wir dann den nächsten ort anfahren und ich erstmals auf französisch bei einem wunderbaren campingplatz einen "place pour deux personnes et une voiture" für die kommende nacht bestelle. jaha, da geht noch was.
als kleinen verdauungsspaziergang nach dem abendbrot haben wir uns überlegt, den berg zum sonnenuntergang und dann by night zu bewandern. vom campingplatz bis zum anfang des damms, auf dem man bei ebbe zum berg rüberlaufen kann, sind wir mal eben 1,5 stunden unterwegs.
hach ja, wenn der wille doch berge versetzen könnte
aber schöne aussicht haben wir, links die sonne
rechts der mond
und geradezu der michel.
und immer beeindruckender, je näher man kommt.
am nächsten tag haben wir uns dann die tour nochmal bei tageslicht vorgenommen. zum glück gibts ja auch einen kostenlosen shuttlebus rüber zum berg.
achja, nich vergessen
wir gönnen uns den eintritt ins kloster und angrenzende gebäude.
 

ab jetzt dann also durch die bretagne. den nachmittag verbringen wir auf den stadtmauern von st. malo. da kann man nämlich einmal um die altstadt rumlaufen. haben wir gemacht und danach gibts abendbrot in der crêperie. mal wieder.
 

nächtigen tun wir auf dem wildesten und romantischsten platz. der ist allerdings auch der unheimlichste, weil außer uns scheinbar kein anderer gast dort wohnt. und ich vermute hinter der klotür die ein oder andere leiche.
 
jetzt wird die küste auch sichtlich rauher.
is das die kurze anna..
und die besteinung ändert sich auch. klaro, wir sind ja nu auch an der côte de granit rose.
so, und dann geradewegs zu einem der highlights der reise, weil per hörbuch quasi schon direkt vor ort gewesen: concarneau. commissaire dupin wohnt und klärt fälle dort auf. in seinem stammcafé gönnen wir uns einen kaffe am nächsten morgen, nachdem wir einen lauen abendspaziergang durchs örtchen auf eine portion galettes folgen ließen.
 
ziemlich nah am wasser gebaut, das ganze
am nächsten tag passieren wir den größten zusammenhängenden steinschlag der bretonischen geschichte und quasi obelix' accessoirekiste.


über mehrere kilometer erstreckt sich die fläche, auf der viele hundert steine scheinbar sehr durchdacht angeordnet sind. nur weiß heutzutage keiner so wirklich, was da durchdacht wurde. sehr spannend. und genauso spannend und vor allem überzeugend die markierung der behindertenparkplätze.
übrigens das einzige selfie der reise - stine mit klumpfuß
zum abend hin nähern wir uns der côte sauvage, da ists dann auch ordentlich stürmisch und genauso stürmisch gehts mit meinen sprachkompetenzen zu. auf der suche nach einem restaurant - empfehlung wieder aus tims reiseführer - nörgele ich schon rum, weil der hunger mich plagt. restaurant ist weit und breit nicht zu finden, dafür aber 3 ältere herren, die ich mich nun nicht anzusprechen wage. tim prescht also vor und spielt im handumdrehen d'artagnan und die 3 musketiere nach, bekommt den weg zum sowieso allerbesten fischrestaurant gesagt, einen tisch reserviert und führt obendrein noch dolle gespräche mit händen und füßen. bei ankunft am restaurant - sorry, zu schön, d-i-r-e-k-t an den klippen zum meer, wo die sonne schon mit dem untergang begonnen hat - muss ich dann aufs klo und erstmalig mit einem berühmtberüchtigten stehklo vorlieb nehmen. ich schnall die dinger nicht, weiß nicht wie rum ich mich da stellen muss ohne dem soldatentrick bei drückenden stiefeln nachzueifern. jedenfalls verschwindet tim auch gleich in der nasszelle und ich soll schonmal die getränke bestellen, verhaspele mich, die bedienung kuckt mich entgeistert und damit nicht gerade motivierend an, ich gerate zusehends in panik, sie schlägt augenrollend vor, nochmal wiederzukommen, stattdessen kommt tim wieder, und bei mir brechen die dämme. meine güte, 7 jahre französisch in der schule, zunichte gemacht durch den bretonischen charme einer kellnerin..nun denn, wir bekommen noch was feines zu essen - und trinken - und außerdem noch einen dramatischen abschiedssonnenuntergang. denn dieser abend in quiberon ist der letzte der reise.


zurück nach trier brettern wir an einem tag. gute 800 kilometer, mit stau und frechen mopedfahrern rund um paris sind wir gute 11 stunden unterwegs, aber abends gut im hause mutter tigges versorgt.
rundum wieder eine tolle reise, bei der wir auf tolle weise wieder ein tolles ende der welt kennengelernt haben.
zurück in hamburg hat uns erst der herbst in voller farbbandbreite heimgesucht,

und jetzt schließlich der advent im griff.
 
und das neue jahr bringt dann einen umzug. wir lassen das barmbeker vogelnest zugunsten eines poppenbüttler häuschens hinter uns. dort erwartet uns nicht nur eine richtige küche - so mit platz für einen tisch und so richtige schränke, wo was reinpasst - sondern auch ein garten mit schuppen für sämtliche ciderexperimente, ein keller mit viel stauraum, eine rumpelkammer für tigges' sämtliches geraffel, ein ofen und für mich ein arbeitsweg von weniger als 10 minuten.
hier wird sich riesig gefreut - frohes fest!